Bürgermeisterwahl in Stockach

eingetragen in: Allgemein

10 Fragen zum Thema Verkehr

Wie stehen die Bürgermeister-Kandidat:innen zu den Zielen einer Verkehrs-/Mobilitätswende und welche konkreten Maßnahmen würden sie unterstützen? Der Verein “klimakompetent mobil e.V.“ hat dazu 10 Fragen gestellt, vier der Kandidat:innen haben bisher (08.10.2023) geantwortet.

(Die Reihenfolge der Antworten entspricht dem Eingang.)

1. Umgehungsstraße

Das Regierungspräsidium Freiburg untersucht derzeit Varianten für eine Westumfahrung von Stockach zur Entlastung der innerstädtischen Ortdurchfahrt im Zuge der B 313 (Radolfzeller Straße/Heinrich-Fahr-Straße/ Meßkircher Straße). Alle Varianten führen westlich von Stockach durch landschaftlich wertvolle Bereiche. Wie stehen Sie zum Neubau einer Westumgehung?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Die Entscheidung für den Neubau einer Westumgehung ist ein komplexes Problem, das nicht allein vom Bürgermeister beeinflusst werden kann. Dennoch möchte ich meine persönliche Meinung teilen und versuchen, sie in die Planung einzubringen. Ich bin mir der aktuellen Verkehrsbelastung auf der betroffenen Strecke bewusst, die nicht nur hohe Emissionen, sondern auch erhebliche Lärmbelästigung verursacht. Eine nachhaltige Lösung ist dringend erforderlich. Das seit 2009 geplante Projekt „Neubau einer Westumgehung“ könnte dazu beitragen, die innerstädtische Verkehrssituation zu entlasten. Die genaue Entscheidung hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich ökologischer Auswirkungen und Kosten. Es ist wichtig, dass eine gründliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird und dass die Interessen der Anwohner und der Natur berücksichtigt werden.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Beim Thema Umgehungsstraße bin ich zurückhaltend, weil ich derzeit keine Notwendigkeit sehe, Jahrzehnte vorauszuplanen. Es ist fraglich, wie sich der Individualverkehr in Zukunft entwickelt. Für geboten halte ich aber die Entlastung der Anwohner und eine zügigere Passage des Durchgangsverkehrs: Je näher die Umfahrung an der Stadt ist, desto geringer der Flächenverbrauch und desto besser kann der innerstädtische Verkehr auf die Ortsumgehung ausweichen.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Die herausragende Landschaft um Stockach gilt es so weit wie möglich zu erhalten. Nichtsdestotrotz werden Umgehungsstraßen zur Entlastung des Innerortsverkehrs erwogen. Hier gilt es auch andere Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen: der Schutz vor Lärm, Abgasbelastung und natürlich auch die Verkehrssicherheit (Schulkinder, Senioren). Der Durchgangsverkehr auf der Nord-Süd-Achse durch Stockach ist erheblich. Die Belastungen für Anrainer der Ortsdurchfahrt signifikant. Eine Untersuchung von Lösungsmöglichkeiten ist daher nachvollziehbar. Jedoch sollte bei den Überlegungen nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Westumfahrung nicht nur landschaftlich wertvolle Bereiche beeinträchtigen würde, sondern die Belastungen für Bewohner in Hindelwangen gar vergrößern könnte, da sie von beiden Seiten beschallt werden würden. Hier würde sich daher eine Tunnellösung anbieten – welche mit Mehrkosten und doch erheblichen Baumaßnahmen einhergehen würde. Auch sollte beachtet werden, dass durch die Westumfahrung das Verkehrsaufkommen nicht einfach nur verschoben wird: wie stark wird das Pendeln zwischen Windegg und Zizenhausen beeinträchtigt, werden Durchfahrten durch Zizenhausen signifikant erhöht? Dies sollte alles berücksichtigt werden – auch sollten Alternativen nicht außer Acht gelassen werden: Kann z.B. eine Bahnlösung wie die Ablachtalbahn und verbesserter ÖPNV zu einer ausreichenden Reduzierung des Individualverkehrs führen? Damit wäre genügend Zeit gewonnen, um die Lage angemessen beurteilen zu können. Für die Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen muss eine akzeptable Lösung gefunden und die Landschaft so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.

Antwort von Frau Susen Katter:

Ich befürworte eine Westumfahrung, da sie meiner Ansicht nach den innerstädtischen Verkehr und die Bewohnerinnen und Bewohner erheblich entlasten würde. Es gibt mehrere Bahnübergänge in Stockach. Wenn die Schranken geschlossen sind, staut sich der Verkehr zurück. Zusätzlich wird die Reaktivierung der Ablachtalbahn derzeit diskutiert. Wenn diese im Stundentakt fahren würde und dadurch die Bahnübergänge öfter gesperrt würden, würde dies den Verkehr und auch die Rettungskräfte zusätzlich belasten. Dabei denke ich auch die Feuerwehrkräfte, die bei einem Einsatz erst zum Feuerwehrgerätehaus gelangen müssen, bevor sie zum Einsatzort fahren können. Nach meinem Kenntnisstand wird derzeit auch eine Tunnelvariante geprüft. Dafür möchte ich mich stark machen, da hier der Fläschenverbrauch wesentlich reduziert würde bzw. ein Eingriff in die Natur und Landschaft vermieden werden kann.

2. Verbesserung des ÖPNV

Im Gegensatz zu Radolfzell, Singen, Engen oder Konstanz gibt es in Stockach keinen Stadtbusverkehr. Wie würden Sie den öffentlichen innerstädtischen Verkehr verbessern und welche Ideen haben Sie zu einer optimaleren Erschließung der ländlichen Bereiche und Ortsteile rund um Stockach durch öffentliche Verkehrsmittel?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Wie ich in meinen Veranstaltungen betont habe, ist der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Deutschland insgesamt eine Herausforderung, und in ländlichen Gebieten wurde er oft vernachlässigt. Obwohl ich nicht in Stockach lebe, habe ich in den Bürgergesprächen viel über die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem ÖPNV in der Region erfahren. Die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in Stockach ist entscheidend, um die Mobilität in der Stadt zu fördern und die Verkehrsprobleme zu verringern. Die Erschließung ländlicher Gebiete und Ortsteile sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden. Dies kann durch die Einführung eines Stadtbusverkehrs, erweiterte Busverbindungen und die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel wie Fahrräder und Elektrofahrzeuge geschehen. Stockach benötigt bessere Verbindungen zu den benachbarten Städten. Oftmals ist es schwierig, abends nach Stockach zurückzukehren, da die Verbindungen unzureichend sind. Nach Bedarf sollten Nachtbusse in Betracht gezogen werden, um Verbindungen zu den Großstädten herzustellen. Es ist jedoch wichtig, diese Bedürfnisse zunächst sorgfältig zu analysieren und im Rahmen des Haushaltsplanes zu beurteilen. Es muss eine Priorität getroffen werden: Fahrradwege innerhalb der Stadt, oder Mobilität durch Bus und Bahn. Beides ist nicht finanzierbar.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Vorgeschlagen habe ich bereits einen Pendelbus vom Bahnhof über die Ludwigshafener Straße und Weißmühlenstraße zur Hauptstraße und von dort weiter durch die Zoznegger Straße am Seniorenzentrum vorbei zum Rathaus und von dort wieder zurück zum Bahnhof. Darüber hinaus ist mir sehr daran gelegen, dass jeder die Möglichkeit hat, mit dem Bus zuverlässig zur Arbeit und wieder zurück zu kommen, unabhängig davon, ob er in Stockach selber oder einem Teilort wohnt.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Die sternförmige Ausrichtung von der Kernstadt zu den Stadtteilen macht ein Ringkonzept schwierig. Für die Verbesserung des ÖPNV braucht es meines Erachtens ein Gesamtkonzept, bei welchem die Taktungen der Buslinien aus den Ortsteilen mit den Seehäsle-Zeiten angepasst werden. Ein Bürgerbus für den Kernstadtbereich ist auch durchaus denkbar – hier müsste natürlich die Finanzierung geklärt werden. Ich bin auch nicht der Idee von Schulbussen abgeneigt, um sicherere Wege für Schüler und Schülerinnen zu gewährleisten und die Ansammlung von „Elterntaxis“ an Bushaltestellen zu reduzieren.

Antwort von Frau Susen Katter:

Hier braucht es dringend eine Lösung. Aufgrund der Anzahl der Ortsteile wird ein normaler Linienbusverkehr mit einem Halbstundentakt nicht finanzierbar sein. Es ist wichtig, ein attraktives Angebot zu schaffen, damit dieses auch angenommen wird und der Individualverkehr reduziert wird, bzw. Menschen, die nicht mobil sind, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Selbstständigkeit zu ermöglichen. Mobility On Demand kann eine Lösung sein. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze und Modelle hinsichtlich der Umsetzung. Gerne möchte ich prüfen, welche Kommunen dies bereits umgesetzt haben und ob deren Variante für Stockach passt. Im Landkreis Tuttlingen wird ein On-Demand-Verkehr eingeführt. Der Verkehr wird allerdings erst im Mai nächsten Jahres starten. Die Vorbereitungen bis zur Umsetzung dauern mindestens zwei Jahre. Ob das Modell im Landkreis Tuttlingen funktionieren wird, kann daher meiner Ansicht nach nicht abgewartet werden. Ich möchte auch mit dem Nahverkehrsamt des Landkreises Konstanz ins Gespräch kommen, da es dort bereits Überlegungen gab, kreisweit einen Mobility on Demand Verkehr einzuführen. Ich kann mir auch eine Zusammenarbeit mit der Verwaltungsgemeinschaft 5+1 oder mit ansässigen Unternehmen vorstellen. Es gibt z.B. keine Busverbindung zwischen dem Bahnhof und dem Industriegebiet Hardt, obwohl allein bei ETO 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind. Hier weiß ich, dass ein großes Interesse besteht, einen Busverkehr einzuführen. Bürger- oder Rufbusse können auch eine Möglichkeit sein. Es gibt unterschiedliche Fördertöpfe des Landes, die genutzt werden sollten.

3. Ablachtalbahn

Die Machbarkeitsstudie SPNV Reaktivierung Ablachtalbahn hat ein deutlich positives Nutzen-Kosten-Verhältnis für die Reaktivierung der Strecke von Stockach bis Mengen über die heutige Verbindung Radolfzell – Stockach (Seehäsle) hinaus ergeben. Die dann durchgehende Verbindung Radolfzell – Mengen über Stockach zum Fernverkehr Richtung Ulm/Stuttgart könnte z.B. auch als Ausweichstrecke für die geplante Gäubahnkappung bis 2040 dienen.

Würden Sie die weitere Verwirklichung der Reaktivierung mit dem Ziel eines stündlichen Verkehrs auf dieser Strecke unterstützen und sich insbesondere auch dafür einsetzen, dass sich die Stadt Stockach an den nächsten Planungsschritten (Ing. technische Vorplanung ca. 500.000 Euro) und am Betrieb der Strecke nach Einführung des Stundentaktes finanziell beteiligt?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Die Reaktivierung der Ablachtalbahn kann eine sinnvolle Maßnahme sein, um die öffentliche Verkehrsinfrastruktur zu stärken. Eine durchgehende Verbindung nach Mengen und die Anbindung an den Fernverkehr könnten die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs steigern. Die finanzielle Beteiligung der Stadt an Planung und Betrieb sollte sorgfältig geprüft werden, um die langfristige Nachhaltigkeit sicherzustellen. Also die Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Ablachtalbahn hat gezeigt, dass dies eine vielversprechende Möglichkeit sein könnte, die Verkehrsinfrastruktur zu stärken und die Anbindung von Stockach an benachbarte Städte zu verbessern. Es ist wichtig, die weitere Umsetzung dieses Projekts zu unterstützen, insbesondere wenn ein stündlicher Verkehr auf dieser Strecke angestrebt wird. Auch die finanzielle Beteiligung der Stadt an Planung und Betrieb sollte in Betracht gezogen werden, um die langfristige Nachhaltigkeit sicherzustellen. Für eine lebendige Stadtentwicklung und um Stockach attraktiv für Touristen zu machen, ist die Idee sehr gut. Erweitert werden müssen natürlich auch die Unterbringungsmöglichkeiten für Touristen. Dies kann die Schaffung neuer Hotels, Pensionen oder anderer Unterkünfte umfassen, um die steigende Nachfrage zu bedienen und die Wirtschaft der Stadt anzukurbeln.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Ich bin dafür, die Bahnstrecke von Stockach nach Meßkirch wieder fit zu machen für den Linienverkehr. Für Stockach hätte das nicht nur den Vorteil einer neuen Haltestelle in Hindelwangen. Für Pendler und Schüler brächte die Reaktivierung der Strecke enorme Vorteile, aber auch für alle, die nur gelegentlich das Angebot nutzen und bisher auf das Auto angewiesen sind.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Grundsätzlich stehe ich der Reaktivierung der Ablachtalbahn positiv gegenüber, denn ich denke, dass ein realistischer Beitrag der Kommunen zur Reduzierung von Emissionen erheblich durch verbesserte ÖPNV Angebote und damit einhergehende Verschiebung des PKW-Verkehrs auf Bahn und Bus zu erreichen ist. Entsprechend zielt ja auch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) darauf ab, durch anteilige Finanzhilfen schienengebundene ÖPNV Infrastruktur und damit Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zu verbessern. Auch wird aktuell ein Konzept diskutiert, bei welchem die Länder künftig vom Bund finanzielle Hilfen nur dann oder in dem jeweiligen Rahmen erhalten, wenn sie die Treibhausgasemissionen entsprechend reduzieren (siehe Zeit ONLINE 2023-09-30, Paul Meerkamp zum Dauerstreit ums Deutschlandticket). Eine Reaktivierung der Biberbahn wäre da beinahe schon vorausschauend.

Es gilt allerdings zunächst zu prüfen, ob und mit welchen verbundenen Kosten eine Sanierung der Bahnübergänge in Stockach umsetzbar ist, und inwieweit Einsätze von Rettungsfahrzeugen beeinträchtigt wären. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich hier erst mehr Informationen einholen und unterschiedliche Standpunkte anhören möchte, ehe ich mich konkreter zu dieser Frage positionieren kann.

Antwort von Frau Susen Katter:

Die Reaktivierung der Ablachtalbahn kann eine gute Chance sein. Die Entscheidung würde zudem nicht der künftige Bürgermeister, die künftige Bürgermeisterin, sondern der Gemeinderat treffen. Ich habe noch offene Fragen, die ich zunächst beantwortet haben möchte, bevor ich mich endgültig festlege. Grundsätzlich sollten die vorhandenen Bahnlinien, insbesondere die Bodenseegürtelbahn als auch die Gäubahn instandgesetzt werden. Ich frage mich deshalb, ob Ressourcen für die Reaktivierung vorhanden sind. Es müssten Bahnübergänge reaktiviert werden, die ebenfalls Kosten verursachen. Genauso ist in der Machbarkeitsstudie ein Haltepunkt in Hindelwangen vorgesehen. Meines Dafürhaltens müsste es einen Haltepunkt in Zizenhausen geben. Große Sorgen bereiten mir die geschlossenen Bahnübergänge angesichts des großen Durchgangsverkehrs und der Rettungskräfte. Dafür müsste es auch Lösungen geben.

4. Fahrradwegenetz

Wie beurteilen Sie das heutige Fahrradwegenetz in Stockach und die Verbindungen zu den Ortsteilen und wie werden Sie sich für Verbesserungen einsetzen?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Das Fahrradwegenetz in Stockach sollte verbessert werden, um den Radverkehr sicherer und attraktiver zu gestalten. Dies könnte durch den Ausbau von Radwegen und -spuren sowie die Schaffung von Verbindungen zu den Ortsteilen erreicht werden. Die Förderung des Fahrradverkehrs ist ein wichtiger Schritt zur Reduzierung des Autoverkehrs und zur Förderung der Nachhaltigkeit. Dennoch ziehe ich aus Kostengründen das Projekt ÖPNV vor dem Ausbau von Fahrradwegen vor, weil die Finanzierung beider Projekte in kurze Zeit finanziell nicht tragbar wäre.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Grundsätzlich bin ich offen für Verbesserungen des Radwegenetzes. Ich würde allerdings zunächst den Bedarf ermitteln.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Aus Gesprächen mit Mitbürger*innen bekomme ich unterschiedliche Meinungen – einige sehen ein ausreichendes Fahrradnetz gegeben, für andere ist es unzureichend. Ich denke, es wurde bereits einiges zur Verbesserung geleistet; so hat z.B. der Radweg zwischen Mahlspüren im Hegau und Windegg die Sicherheit für Radfahrer hier deutlich erhöht. Gleiches gilt für die markierten Radwege entlang der Tuttlinger Str. Jedoch besteht hier durchaus noch Luft nach oben. Wo möglich sollten wir eine Erweiterung des Radwegenetzes erwägen. Damit einhergehend sollten Mitbürger*innen besser über das bisherige Radnetz informiert werden. Dies auch zu kombinieren mit Rad-Veranstaltungen (wie vor kurzem gerade das von der Skizunft Stockach organisierte Triathlon) kann ich mir gut vorstellen.

Antwort von Frau Susen Katter:

Das innerstädtische Radwegenetz muss verbessert werden. Problematisch bei einer vorhandenen Bebauung ist, dass Radwege nicht einfach neu gebaut werden können. Schutzstreifen und Fahrbahnmarkierungen, die Autofahrer auf Fahrradfahrer aufmerksam machen, sowie mehr Hinweisschilder können das Fahrradfahren innerorts sicherer gestalten. Die Schutzstreifen auf den Durchgangsstraßen wie die Radolfzeller Straße wird jedoch nicht für die Sicherheit der Fahrradfahrer sorgen. Ich habe erfahren, dass es hierfür Alternativrouten entlang weniger stark befahrener Straßen gibt. Dennoch habe ich bei meinen Gesprächen feststellen müssen, dass diese oft nicht bekannt sind. Eine Fahrradkarte und ausreichend Markierungen können Abhilfe schaffen. Die Fahrradwege zwischen Kernstadt und den Ortsteilen sind größtenteils gut ausgebaut, obwohl es an einigen Stellen Ausbesserungsbedarf gibt. Wichtig ist, wenn künftig neue Straßen geplant werden, auch genügend Raum für Fahrradfahrer und Fahrradwege einzuplanen.

5. Ortsmitte

Welche Vorstellungen haben Sie für eine qualitativ hochwertige Um- und Ausgestaltung der Stockacher Ortsmitte (Oberstadt)?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Die Umgestaltung der Stockacher Ortsmitte sollte auf eine Steigerung der Lebensqualität und Attraktivität für Bürger und Besucher abzielen. Dies könnte die Schaffung von Grünflächen/Schattenmöglichkeiten, Sitzgelegenheiten und kulturellen Veranstaltungen (Straßenmusiker, Hofmusik, Jugendcafes/andere Möglichkeiten junge Leute in die Stadtmitte zu bekommen) umfassen. Eine breite Bürgerbeteiligung sollte sicherstellen, dass die Vorstellungen und Bedürfnisse der Gemeinschaft berücksichtigt werden. Fußgängerzonen würden bedeuten, dass ältere Menschen nicht mehr mobil wären. Ich sehe die Einführung von Einbahnstraßen ausreichend.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Um die Ortsmitte noch attraktiver zu machen, möchte ich sie einerseits stärker vom Durchgangsverkehr entlasten und andererseits besser erreichbar machen. Ein Vorschlag dazu ist der oben erwähnte Pendelbus.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Auch hier gibt es ein breites Spektrum an Meinungen, was zeigt, dass hier noch Gesprächsbedarf besteht. Der zuletzt vom Stadtbaumeister präsentierte Entwurf für Sanierung der Oberstadt ist vielversprechend, bezieht er doch Begrünung, Wasserelemente und Sitzmöglichkeiten mit ein. Mir ist es wichtig, dass allerdings den Anrainern, den Bürger*innen und Geschäftsinhaber*innen eine Möglichkeit zur Mitgestaltung gegeben wird.

Zusätzlich zu der Sanierung braucht es Ideen zur Erhöhung des Personenverkehrs, der Besucher, damit Fachgeschäfte in der Oberstadt auch eine ausreichende Kundschaft bekommen. Ich würde mich hier sehr für mehr Veranstaltungen wie die Kunstmeile, oder geschäftsoffene Sonntage einsetzen wollen. Auch ein Wochenmarkt an Samstagen verspricht mehr Kundschaft. Die Oberstadt könnte auch für Jugendprojekte interessant sein. Wer hiesigen Schulen besucht wird bei Betrachtung der ausgestellten Kunstwerke erstaunt über die Kreativität und das große Potential der Schüler sein. Diese Arbeiten auch auf größerer Bühne vorzustellen, würde dem nur gerecht werden. Auch die Idee von Co-Working space finde ich gut: Räumlichkeiten mit bester Infrastruktur zur Miete hauptsächlich im „home-office“ arbeitenden Menschen anzubieten, könnte auch die Besucherzahl in der Kernstadt erhöhen.

Antwort von Frau Susen Katter:

Bei meinen zahlreichen Gesprächen habe ich festgestellt, dass die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger hier weit auseinandergehen, so dass eine Bürgerbeteiligung zwingend erforderlich sein wird. Ich persönlich kann mir sehr gut eine Verkehrsberuhigung sowie eine Begrünung von z.B. Fassaden und mittels Schwammbeete gut vorstellen. Es sollte mehr Sitzgelegenheiten und kleine Spielgeräte (wie die in der Radolfzeller Innenstadt) für die Kleinen geben.

6. “Elterntaxi“ für Schule und Kindergarten?

Was kann ihrer Meinung nach die Stadt dafür tun, dass Kinder auf dem Weg zur Schule und zum Kindergarten selbstständig und sicher unterwegs sind?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Um die Sicherheit von Kindern auf dem Schul- und Kindergartenweg zu gewährleisten, sollte die Stadt sich für sichere Gehwege, Zebrastreifen und Schulweghelfer einsetzen. Die Förderung von Schulbussen (oder Fahrradwegen) kann ebenfalls eine Rolle spielen, um den Verkehr rund um Schulen und Kindergärten zu reduzieren. Die Grundschüler sollten die nächstgelegene Schule besuchen. Dafür müssen die Schulen räumlich und fachlich dem aktuellen Stand angepasst werden, also renoviert und ausgestattet werden.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Dass Kinder möglichst selbstständig zur Schule gehen, kann ein Bürgermeister nicht anordnen. Er kann an die Eltern appellieren, sichere Schulwege auszuwählen und mit den Kindern abzugehen. Je nach Bedarf kann die Stadt ausgewiesene Hol- und Bringzonen einrichten, um ein Verkehrschaos direkt vor den Schulen zu vermeiden.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Falls finanziell stemmbar, fände ich Schulbusse zur Unterstützung des ÖPNV eine Option. Die Kennzeichnung designierter Aussteigezonen (Elternhaltestellen) sind auch eine Möglichkeit. In Zusammenarbeit mit den Schulen können die Wegstrecken dann mit den Schülern von den Zonen zur Schule geübt und dabei auf Gefahren aufmerksam gemacht werden – wobei ich hier schon denke, dass dies Aufgabe der Eltern ist. Schülerlotsen fände ich persönlich auch gut. Hauptschüler haben dies einst bei der Grundschule Stockach übernommen – hier könnte man schauen, inwieweit man Rentner*innen oder Schüler*innen des Berufsschulzentrums für die ehrenamtliche Tätigkeit gewinnen könnte. Zuletzt kann die Stadt natürlich das Halteverbot an Bushaltestellen stringenter durchsetzen.

Antwort von Frau Susen Katter:

Tempo 30 sowie Querungshilfen sind notwendig. Genauso müssen Fahrradwege und Bushaltestellen sicher sein. Ich wurde von einer Mutter darauf aufmerksam gemacht, dass es ein Förderprogramm für sichere Schulwege namens „MOVERS-aktiv zur Schule“ gibt. Ich würde prüfen, ob dies für Stockach in Frage kommt. Eine Haltestelle für die Eltern-Taxis verlagert das Problem, löst es aber nicht. Für die Kindergarten-Kinder gibt es bereits Sammeltaxis.

7. Sharing-Systeme

Mit Unterstützung des Vereins klimakompetent mobil e.V. wurde ein erstes E-Carsharing-Auto in Wahlwies im Juli dieses Jahres stationiert. Wie beurteilen Sie die Ausweitung des Carsharing-Angebotes auf die Kernstadt und wie könnte ihrer Meinung nach eine konkrete Unterstützung durch die Stadt (in der Anfangsphase evtl. auch finanziell) aussehen?

Was halten Sie von E-Bike-Sharing und Lastenrad-Sharing und würden Sie solche Systeme wie unterstützen?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Die Ausweitung von Carsharing-Angeboten in Stockach kann die Reduzierung von Privatfahrzeugen fördern und die Umweltfreundlichkeit verbessern. Die Stadt könnte die Einführung finanziell unterstützen. E-Bike-Sharing und Lastenrad-Sharing sind ebenfalls gute Ideen zur Förderung nachhaltiger Mobilität und sollten in Erwägung gezogen werden. Dennoch muss man hier überlegen, welcher Anbieter man dafür gewinnen kann. Der Chaos in den Großstädten mit herum liegenden E-Bikes muss vermieden werden.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Es gibt derzeit viele Ideen, die Abhängigkeit vom eigenen Auto zu begrenzen. Manche befinden sich in der Erprobung. Im ländlichen Raum halte ich Carsharing als Ergänzung zum ÖPNV für sinnvoll, wenn das Angebot nachgefragt wird. Als Alternative zum ÖPNV kann ich mir Carsharing, auch E-Bike- und Lastenrad-Sharing nicht vorstellen. Gerne aber mache ich als Bürgermeister auf die bestehenden Angebote aufmerksam.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Während unseres 3-Jährigen Aufenthaltes in New York, USA haben meine Frau und ich das Carsharing intensiv genutzt und sind von den Vorzügen überzeugt. Nun ist der Stockacher Raum etwas kleiner als eine Millionen-Metropole. Nichtsdestotrotz kann ich mir eine Unterstützung sehr wohl vorstellen – abhängig von den finanziellen Möglichkeiten. Eine Zusammenarbeit mit dem Verein klimakompetent mobil e.V. – auch zum Ausloten der Fördermöglichkeiten und Analyse der Machbarkeit, Strategie der vielversprechendsten Umsetzung wäre in meinem Interesse. Das gleiche gilt für E-Bike/Lastenrad-Sharing. Für E-Solutions interessiere ich mich sehr. Hier könnte die Stadt beim Angebot von Ladestellen unterstützen.

Antwort von Frau Susen Katter:

Das Angebot von E-Car-Sharing sollte meiner Ansicht nach ausgebaut werden, nicht nur in der Kernstadt, sondern auch für die Ortsteile. Grundsätzlich kann ich mir eine Zusammenarbeit mit dem Verein vorstellen, da ein Konkurrenzprodukt vermieden werden sollte. Genauso finde ich die Etablierung eines Angebotes für E-Bike-Sharing und Lastenrad-Sharing gut. Die Stadt wurde bereits vom Gemeinderat beauftragt, ein entsprechendes Angebot einzuholen. Ich kann mir als Verleihstation den Bahnhof sehr gut vorstellen.

8. Verkehrswende

Der Modal Split (Binnenverkehr) von Stockach ist sehr Pkw-lastig:

Zu Fuß 30%, Fahrrad 19%, ÖV 1%, MIV 50%.

Mit Blick auf den Klimawandel: Welche Maßnahmen werden Sie als Bürgermeister:In ergreifen, um Stockach im Verkehrssegment klimafreundlicher aufzustellen?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Um Stockach klimafreundlicher zu gestalten, sollte die Stadt Maßnahmen ergreifen, um den Anteil des motorisierten Individualverkehrs zu reduzieren. Dies kann durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und den Ausbau von Radwegen erreicht werden. Bildung und Bewusstseinsbildung sind ebenfalls wichtig.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Mir behagt der Begriff Verkehrswende nicht, denn er wird zumeist im Zusammenhang mit Kostenexplosionen, Einschränkungen und Verboten diskutiert. Grundsätzlich halte ich Verbesserungen für sinnvoller als Verschärfungen: mehr öffentlicher Nahverkehr, intelligentere Ampelschaltungen und, wo möglich, mehr Homeoffice-Arbeit von Pendlern sind Initiativen, die ich unterstütze.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Mit dem Ausbau des Fahrradnetzes und einem Konzept zur Verbesserung des ÖPNV sollten wir versuchen einen erheblichen Teil des Individualverkehrs Pkw auf andere Verkehrsmittel zu verschieben. Meinem Verständnis nach gibt der Modal Split den Anteil eines Verkehrsträgers am gesamten Verkehrsaufkommen an. Hierunter würde dann auch Car-Sharing fallen. Vielleicht sollten auch andere Analysen des Verkehrsmarktes durchgeführt werden, wie z.B. die Berechnung der Verkehrsleistung (also Zahl der Reisenden, bzw Gewicht der zu transportierenden Güter, multipliziert mit der zurück gelegten Strecke) um ein besseres Bild für eine angemessene Strategie zu bekommen.

Antwort von Frau Susen Katter:

Es benötigt mehrere Maßnahmen, die sich gegenseitig ergänzen müssen: dazu gehören die Verbesserung des Angebots im öffentlichen Nahverkehr, die Verbesserung des Radwegenetztes, insbesondere im innerstädtischen Bereich, gute Taktung zwischen Bus und Bahn, Erweiterung von Sharing-Angeboten, Bike&Ride-Flächen.

9. Ruhender Verkehr

Wie stehen Sie zu einer lückenlosen Parkraumbewirtschaftung und zum kostenlosen Kurzzeit-Parken?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Eine lückenlose Parkraumbewirtschaftung kann zur Entlastung des Verkehrs beitragen, sollte jedoch mit den Bedürfnissen der Bürger abgestimmt sein. Kostenlose Kurzzeitparkplätze können sinnvoll sein, um den Einkaufsverkehr in der Innenstadt zu unterstützen, wie es nun der Fall ist. Ganz kann man den Verkehr nicht ruhen lassen, weil die Menschen PKWs benötigen um mobil zu sein. Falls regelmäßige Busse viele Ortsteile mit dem Zentrum verbinden, kann die Zahl der PKWs sich automatisch verringern.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Kostenloses Kurzzeitparken, die so genannte Brötchentaste, halte ich für richtig. Ein Sprung in die Apotheke, zum Bäcker oder in den Paketshop sollte drin sein. Mit Blick auf den Einzelhandel sollte die Parkraumbewirtschaftung insgesamt nicht dazu führen, dass die Innenstadt ausstirbt.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Ich denke Stockach ist, was die Parkmöglichkeiten angeht, sehr gut aufgestellt, und dank der herausragenden Arbeit des Vereins kostenloses Parken in Stockach e.V. ist das Angebot an kostenlosem Kurzzeit-Parken beeindruckend.

Antwort von Frau Susen Katter:

Eine lückenlose Parkraumbewirtschaftung ist meiner Ansicht nicht erforderlich, gerade in der Oberstadt. Auch wenn kostenloses Kurzzeit-Parken den PKW-Verkehr begünstigt, kann ich mir eine Abschaffung jedoch frühestens vorstellen, wenn der öffentliche Nahverkehr verbessert wurde und das Angebot hierfür nicht angenommen wird.

10. Tempo 30

Würden Sie sich dafür einsetzen, dass die Stadt dem deutschlandweiten Bündnis „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ (914 Kommunen Stand 23. August 2023) beitritt, das Tempo 30 für Kommunen fordert?

Antwort von Frau Yurdagül Coskun:

Dem deutschlandweiten Bündnis „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beizutreten und Tempo 30 in Kommunen zu fördern, kann die Verkehrssicherheit und die Lebensqualität erhöhen. Dies sollte jedoch in Abstimmung mit den örtlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen erfolgen.

Antwort von Herrn Rainer Beel:

Ob im gesamten Stadtgebiet Tempo 30 gelten soll, möchte ich als Bürgermeister nicht alleine entscheiden. Das würde ich abhängig machen von einer breiten öffentlichen Diskussion.

Antwort von Herrn Dr. Michael Mende:

Grundsätzlich bin ich im Stadtverkehr für eine Temporeduzierung zu haben – alleine auch um eine bessere Sicherheit der Kinder und Reduzierung der Lärmbelästigungen zu erreichen. Es muss allerdings bedacht werden, dass für bestimmte Straßenabschnitte Tempo 30 nicht durchsetzbar sein wird, da die zügige Erreichbarkeit von Notfällen durch Einsatzkräften der Feuerwehren oder Krankenwagen gewährleistet werden muss. Daher gilt es zu vermeiden, dass infolge der Temporeduzierung größerer Rückstau entstehen kann.

Antwort von Frau Susen Katter:

Nein. Pauschal Tempo 30 halte ich angesichts des hiesigen Durchgangsverkehrs in Stockach derzeit nicht für sinnvoll. Als ich früher nach Friedrichshafen gependelt bin, hat dies immer zu erheblichen Staus in den kleinen Gemeinden geführt, die die Geschwindigkeit auf Tempo 30 reduziert hatten. Oft hilft bereits Tempo 40. Ich würde es vielmehr begrüßen, wenn Kommunen grundsätzlich mehr Entscheidungsspielraum bei der Reduzierung der innerörtlichen Geschwindigkeiten hätten und nicht allein die Einstufung der Straße wie z.B. Bundesstraße, Kreisstraße die Zuständigkeit für solche Maßnahmen bestimmt.